Wise Men Choice – Palästinas dritte Brauerei

Im Westjordanland wird Bierbrauen immer beliebter. Mittlerweile produzieren drei unabhängige Brauereien Bier. Einer davon ist der Palästinenser Rafat Houary, der mithilfe eines israelischen Bierbrauers seine Geschäftsidee vom Bierbrauen verwirklichte.

 

Bereits 1994 gründete die Familie Khoury die erste Brauerei Palästinas, die Brauerei Taybeh . Gut zwanzig Jahre später bauten die Sayej-Brüder die kleine Brauerei Birzeit auf. Ihr Shepherds-Bier schaffte innerhalb weniger Jahre den Sprung auf den heimischen Markt. Vielleicht auch angesichts dieses Erfolgs kam Rafat Houary aus Beit Sahour auf den Geschmack, Bier zu brauen. Wie die anderen Brauereigründer stammt er aus einer christlichen Familie. Und ähnlich wie die Sayejs findet Houary: „Die Palästinenser haben keine Bierkultur. Sie wissen nicht viel über Bier und Brauereien.“

 

Über Traditionen wie das Alkoholverbot in der islamischen Welt will Houary nicht lange reden. Auch nicht über Regeln, die im überwiegend muslimischen Palästina gelten. Überlegungen zum perfekten Geschäftsmodell waren ihm zu kompliziert. Ihm, der seinen Lebensunterhalt für sich und seine Familie als Waldarbeiter verdient, sollte Bierbrauen lediglich Spaß machen.

 

Seine Biere aber sollten nicht einfach nur irgendwelche Biere sein. Es sollten besondere, exotische sein. Inspirieren ließ er sich von ausländischen Touristen, die in den Bars und Kneipen von Beit Sahour und Bethlehem immer öfter nach solchen Bierspezialitäten fragten.

 

Doch die Herstellung besonderer Biere bringt große Herausforderungen mit sich. In Palästina gibt es nämlich weder Hopfen noch Gerste. Außerdem hat Houary keine größeren Lagerkapazitäten, er kann zuhause also nur kleine Mengen lagern.

 

Israelischer Bierbrauer gibt Tipps

 

Deshalb suchte er in der Craft-Bier-Szene nach Gleichgesinnten und stieß auf den Gründer der Brauerei Herzl Beer in Jerusalem, Itai Gutmann. „Seine Erfahrung, sein Mut mit exotischen Früchten zu experimentieren, reizten mich und deshalb vertraute ich ihm meine Geschäftsidee an“, erzählt Houary. Der Israeli Gutmann gab ihm ein ganzes Bündel an Informationen und hilfreiche Tipps. „Zum Beispiel empfahl er mir einen Biershop in Tel Aviv. Dort kaufe ich vor allem Rohstoffe, die ich in Palästina nirgendwo finden kann, etwa amerikanische Hopfensorten, britische Gerste oder exotische Früchte und Gewürze.“

 

Aber auch in Palästina wird Houary fündig. Von den Bauern, die ihre Felder nahe Bethlehem bestellen, bezieht er den Weizen und viele andere Gewürze. „Für mein Bier IPA verwende ich Salbei aus meinem Garten“, erzählt er.

 

Die Brauerei Wise Men Choice aus Beit Sahour

 

Aus seiner Geschäftsidee entstanden vier Biersorten: Pale Ale, IPA, Weizenbier und Scotch Ale. Seine Biere nennt er Wise Men Choice. Damit will er Biertrinker und Biertrinkerinnen zum Nachdenken anregen: „Entscheidet weise, was ihr trinkt“, sagt er.

Seine Brauerei, die Wise Men Choice Brewery, die er in der Garage seines Hauses am Stadtrand von Beit Sahour eingerichtet hat, ist winzig. Trotzdem ist immer viel zu tun. „Manchmal brauche ich neue Geräte oder neues Handwerkszeug für meine Anlage. Das muss ich im Ausland beschaffen“, räumt der Bierbrauer aus Beit Sahour ein. „ Aber ich finde immer einen Weg.“

 

Nur mit Genehmigung von Beit Sahour nach Tel Aviv

 

Etwas ärgert Houary besonders: die komplizierte Grenzsituation. „Als Grenzgänger zwischen Palästina und Israel benötige ich für jede Fahrt nach Tel Aviv eine israelische Genehmigung. Außerdem muss ich einen Fahrer mit Lieferwagen mieten, der mich an der Grenze abholt, durch Israel fährt und anschließend wieder zurückbringt. Das kostet Zeit und Geld“, schimpft er.

 

Er vergisst seinen Ärger jedoch immer wieder schnell. Zu begeistert von seinen palästinensischen Bierspezialitäten nämlich sind die ausländischen Biertrinkerinnen und Biertrinker in den Bars und Kneipen von Beit Sahour und im benachbarten Bethlehem. Wer weiß, vielleicht wird aus Houarys Nebenjob noch ein richtiger Fulltime-Job.

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