Auf dem Biermarkt Palästinas tut sich etwas. Drei Brüder wollen mit einer eigenen Brand den Global Playern die Stirn bieten. Ihr Bier vermarkten sie geschickt. Trotz des staatlichen Verbots, für Alkohol zu werben.
Wenn im israelischen Haifa die Laster mit Alaa Sayejs Bier aus dem palästinensischen Birzeit mal wieder nicht rechtzeitig ankommen, liegt das nicht an ihm. Er ist ein guter Geschäftspartner, zupackend und zuverlässig. Und obendrein einer mit Leib und Seele. So wie seine zwei jüngeren Brüder. Gemeinsam brauen sie Biere – ein Amberbier, ein Stout und ein Helles. Ihre Marke nennen sie Shepherds Bier.
Mit diesen Sorten versuchen sie, den Biermarkt Palästinas aufzumischen. Auf Konzerne wie zum Beispiel SAB-Miller, Heineken oder den Beck’s Brauer AB InBev, die das Gros der Anteile am globalen Markt besitzen und damit weltweit den Ton angeben, ist Sayej sauer. „Mehr als 15 internationale Brands gibt es bei uns“, schimpft er. „Wir wollen, dass ein regionales Bier, und zwar unser Bier, die Nummer eins auf dem hiesigen Biermarkt wird.“
In den Tanks seiner kleinen Brauerei in Birzeit reifen circa 250 bis 300 Hektoliter Bier pro Jahr. Sayejs Idee, bestimmte Biere saisonal zu verkaufen, kam auf dem heimischen Markt bis jetzt gut an. Damit das so bleibt, will er auch künftig für die Sommermonate ein besonders leichtes Bier und ein Weizenbier sowie für den Winter ein Weihnachtsbier kreieren. Für nächstes Jahr plant er schon jetzt. „Wir müssen expandieren, um auch die Nachfrage aus dem Ausland befriedigen zu können. Das heißt, wir müssen doppelt oder sogar dreimal so viel Bier abfüllen“, erzählt der Brauereigründer.
Die richtigen Kontakte ins Ausland, die hat der 28-Jährige sehr wohl, wenngleich er hinter der Mauer groß geworden ist, die Israel 2002 anfing zu bauen, um Terroranschläge palästinensischer Selbstmordattentätern zu verhindern. Für sein Studium ging Sayej nach England, wo er Bank- und Finanzwesen studierte und auch seinen Master machte. „Das war die Zeit, wo alles anfing.“ Von den vielen Biersorten der Craftbeer-Szene sei er fasziniert gewesen. Schon bald habe er seine ersten Brauversuche unternommen. „Aber so richtig auf den Geschmack kam ich, als ich auf einem Bierfest in Tschechien war. Dass Bierbrauen eine so blühende Industrie sein kann, wo jede Menge Spaß, Kunst und Leidenschaft drinsteckt, hat mich verblüfft“, schwärmt er.
Geschickte Vermarktung ihres Bieres
Die drei Sayej-Brüder, die aus einer christlichen Familie kommen, machen sich nichts vor: Eine Biertradition wie in Tschechien gibt es bei ihnen nicht. Bisher ist Bier bei Palästinensern weder besonders beliebt noch wird es viel getrunken. Das hat Einfluss auf das Marketing der Brüder. Nicht als tägliches Getränk für die Masse wollen sie ihr Bier verkaufen. Vielmehr ist ihnen wichtig, den Menschen eine gesunde Bierkultur zu vermitteln.
Weil Alkoholwerbung in Palästina, einem überwiegend muslimischen Land, staatlich verboten ist, müssen sie ihr Bier geschickt vermarkten. Sie organisieren Feste und setzen auf die Partylaune ihrer jungen Landsleute. Einheimische Live-Bands heizen den Gästen, die das Feiern ordentlich durstig macht, ein. Hier schenken die Sayejs ihr Shepherds Bier aus – auch an Muslime. Zwar dürfen diese aus religiösen Gründen keinen Alkohol trinken, aber sie tun es dennoch, meint Alaa Sayej lässig.
Weltoffen, heimatverbunden und palästinensisch – das sind die Begriffe, die die Brüder für ihre Familienbrauerei, die nicht umsonst Birzeit Brauerei heißt, mögen. Dementsprechend lautet auch ihr Slogan: Brewed by Brothers for Friends. „Palästina ist unsere Heimat. Es ist das Land unserer Vorväter, die als Schäfer hier lebten, bevor es all diese Religionen und die Politik gab. Um sie zu ehren, nannten wir unser Bier Shepherds Beer“, sagt Alaa Sayej.
Shepherds Bier auch in Israel
Das Bier der Sayejs wird nicht nur in ganz Palästina verkauft. Auch einige Bars in Haifa und Nazareth schenken es aus. Doch regelmäßig komme es vor, dass die Fahrer mit den Bierladungen an der Grenze zu Israel gestoppt und zurückgeschickt werden, berichtet Alaa Sayej. Das mache die Arbeit für ihn, seine Brüder und die fünf Angestellten anstrengend.
Unendlich viel könne er von den Problemen auch mit palästinensischen Behörden erzählen, die nicht merken wollten, dass sie Unternehmern nur Steine in den Weg legten. Oder von den alltäglichen Problemen, der Logistik, dem Mangel an Ressourcen, den Engpässen bei der Stromversorgung und viele, viele Dinge mehr.
„Wenn Sie wollen, erzähle ich Ihnen gerne ein anderes Mal mehr darüber. Ich habe so viele Geschichten, die würden Stoff für ein ganzes Buch geben“, sagt er. Sprach’s und eilte davon, um ein neues Problem zu lösen: Israelische Grenzbeamte hätten die Container mit dem Malz aus Tschechien am Hafen von Ashdod gestoppt. An Sayej liegt es nicht.